AUDITIVVOKAL Dresden ist kein Chor, auch wenn man auf Konzerten bis zu 20 Sänger gemeinsam erlebt. “Ein Solistenensemble“ erklärt der Gründer und künstlerischer Leiter Olaf Katzer, „in dem die Individualität der Sänger im Vordergrund steht.“ Ziel ist im Normalfall nicht gesangliche Homogenität, wie im Chor, sondern Disparität im Ausdruck der solistisch Agierenden. Der 1980 geborene Dirigent gründete das Vokalensemble 2007, da es in Dresden so ein Format für die Interpretation vorwiegend zeitgenössischer Vokalmusik noch nicht gab. Der erste große Erfolg war ein Gedenkkonzert zum 1. Todestag György Ligetis. Uraufführungen, Auftragswerke, Eigenproduktionen folgten. Als Verein organisiert und bis Ende diesen Jahres noch beim Musikforum angebunden, stellt sich das Team von Sängern, Komponisten und genreübergreifenden Akteuren um Olaf Katzer über die Jahre gut strukturiert dar und ist mit vielfältigen Projekten im Kulturleben Dresdens präsent, aber auch mit Gastspielen im In-und Ausland. Das funktioniert nur mit hochprofessionellen SängerInnen, die in immer neuen Besetzungen zusammen finden. Als Glück empfindet es da der Dirigent, dass es trotz des großen Probenaufwandes (und oft geringer Entgelte für die Aufführungen) einen kontinuierlichen Stamm von ehemals Musikstudierenden oder Noch-StudentInnen gibt, die sich die Zeit nehmen, um komplizierteste zeitgenössische Partituren einzustudieren und szenisch umzusetzen. Mit den komplexen Strukturen ändert sich auch das Berufsbild des Dirigenten, der viel stärker gemeinsam mit den Sängern praktische Erkenntnisse, alternative Kompositionsformen und neue soziale Kontexte in der Themenbewältigung umzusetzen sucht. Ein Ziel dabei ist, Vorbehalte des Publikums bei zeitgenössischer Musik aufzulösen, an ihre Neugier zu appellieren und ihnen im Konzert neue Erfahrungen und Genuss zu ermöglichen. Die Vermittlung durch Workshops oder Kompositionsprojekte in Dresdner Schulen sind zusätzliche Wege dahin.
Gern kombiniert das Ensemble in seinen Programmen Uraufführungen mit klassischen Werken. Wie auch seine Sänger pendelt Katzer selbst als Dirigent des Dresdner Kammerchores oder Lehrender an der Musikhochschule frei zwischen den Stilen. Für das Projekt „Bach durchKREUZt“ zum Bachfest Dresden haben sie sich zum Beispiel auch den Altmeister Dufay gewählt. Teile seiner Messe und Uraufführungen ganz junger Komponisten werden zu musikalischen Motiven von Bach ins Verhältnis gesetzt und szenisch interpretiert. Dafür suchte sich AUDITIVVOKAL mit dem Foyer des Stadtmuseums einen akustisch und optisch besonderen Aufführungsort, der der einmaligen Aufführung auch Exklusivität verleiht. Die Inszenierung erarbeitet die Tänzerin und Choreografin Katja Erfurth. Sie kann für ihre bewegte Choreografie auf Vorbildung der Sänger aus dem Bewegungs- oder Rhythmikunterricht an der Musikhochschule setzen. Körperliches Training vor jeder Probe gehört jedoch dazu, um die klanglichen Strukturen in jeweils spezielle Bewegungen und szenische Bilder umsetzen zu können.
Isolde Matkey
Bach durchKREUZt ML: Olaf Katzer, CH: Katja Erfurth, AUDITIVVOKAL im Stadtmuseum am 28.9..Tickets bei saxticket und www.reservix.de